V.v.Weizsäcker mit Kindern am Schloss Heidelberg, 1929



Viktor von Weizsäcker – Warum sind seine Gedanken (noch) heute so aktuell?

Viktor von Weizsäcker war Arzt. Er beschäftigte sich Zeit seines Lebens intensiv mit der Philosophie. Das ist ein Glücksfall. Seine Texte haben eine besondere Relevanz auch für die Gegenwart und zwar für alle praktischen Gesundheitsberufe. Heutzutage werden in der medizinischen Ausbildung zumeist naturwissenschaftliche Inhalte vermittelt.

Als Viktor von Weizsäcker medizinisch wirkte, gab es eine allgemeine Diskussion darüber, wie eine optimale Medizin aussehen sollte. Damals waren Kenntnisse über geisteswissenschaftliche und philosophische Denktraditionen in der Gesellschaft und auch im Gesundheitswesen noch weit verbreitet. Wenn heute über den Menschen diskutiert wird, dann bereits tief in der aktuell dominierenden Geisteshaltung, nach der die Naturwissenschaft als Wissenschaft genüge, den Menschen zu erfassen und ihm bei Krankheit zu helfen.

Mit den Weizsäcker-Texten ist es möglich, solche oftmals nicht bewussten Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen. Seine Texte bestechen durch ihre inhaltliche Vielseitigkeit, die Anknüpfmöglichkeiten zu unterschiedlichen Disziplinen bietet: Sowohl phänomenologische, psychologische, soziologische, psychosoziale als auch naturwissenschaftliche Ansätze sind mit dem Weizsäcker-Denken kompatibel. Aus diesem Grund stellt die anthropologische Medizin eine nahezu unerschöpfliche Quelle neuer Denkansätze dar.

Das Hauptanliegen Viktor von Weizsäckers war die Einführung des Subjekts in die medizinische Betrachtung. Dies ist auch das Anliegen der nach ihm benannten Gesellschaft. Eine solche Einführung verbleibt aber nicht beim Betrachtungsgegenstand „Patient“, sondern bezieht den Arzt bzw. den Therapeuten mit ein. Es geht allgemein gesprochen um die conditio humana – d.h. um zeitübergreifende Grundstrukturen des Menschseins – schlussendlich um eine bessere Medizin!